banyuwangi & ijen

Tag 19: Java ist scharf

Von der Fähre runter – Mona war heilfroh – wurden wir schon von verschiedenen Fahrern angequatscht. Zuerst wollten wir den Zug nehmen, um zu unserem Homestay zu kommen. Die Taxifahrer wiesen uns (nicht ganz uneigennützig) darauf hin, dass gerade kein Zug abfahren würde und wir mit einem Taxi viel schneller am Ziel wären. Da wir trotzdem erst zu Fuß losgingen, konnten wir auf ein Angebot eines weiter außerhalb wartenden Fahrers eingehen. Im Hinterkopf hatten wir die Fahrpreise der Zugfahrt von 27.000 IDR [1,62 €] pro Person. Nach etwas handeln – also einer Minderung um die Hälfte des erst veranschlagten Preises – fuhren wir für 25.000 IDR [1,50 €] pro Person zu unserem Homestay nach Banyuwangi. Demnach war es schließlich noch billiger als mit dem Zug zu fahren, es war weniger weit zu laufen und es gab keine Wartezeit am Bahnhof.
Im Sritanjung Homestay angekommen wurden wir herzlich mit Tee, Keksen (ähnlich wie Löffelbiskuit) und Bananen empfangen. Davon konnten wir den gesamten Aufenthalt so viel essen und trinken wie wir wollten. Somit brauchte man dann auch fast kein Frühstück mehr. Wir informierten uns bei unserem Host über die Ijen Vulkan Tour. Diese Besteigung stand für die Nacht direkt auf dem Plan, waren wir doch im Vulkanfieber angekommen. Trotz des geringen Preisunterschieds entschieden wir uns für die Selfmade-Tour per Scooter und gegen eine geführte Tour, vorwiegend aus der Idee heraus, dann so viel Zeit auf dem Vulkan zu verbringen, wie wir wollten. Wir waren im Abenteuermodus. Wir wollten unabhängig sein und der Massenabfertigung der Touris entkommen. Also auf eigene Faust hoch auf den Vulkan. Vieles hatten wir bereits über den Ijen gelesen. Viele Erfahrungsberichte über Selfmade-Besteigungen verdeutlichten, dass wir das auch ohne Tour und Guide schaffen würden. Aus den Berichten nahmen wir hauptsächlich Folgendes mit:

  • es gäbe sowieso nur einen einzigen Weg
  • man solle den anderen Touris rauf zum Vulkan sowie in den Krater einfach folgen
  • der Viewpoint für den Sonnaufgang wäre eindeutig
  • man könne sich nicht verlaufen, sonst müsste man sich schon mega doof anstellen

Wir fieberten also voll motiviert der Nacht entgegen. Außer dieser Entscheidung für die kommende Nacht mussten auch noch einige Planungen für die darauf folgenden Tagen erledigt werden. Somit kauften wir uns im gegenüberliegenden Bahnhof unseres Homestays Zugtickets für unsere Weiterfahrt nach Probolinggo. Unglaublich einfach gestaltete sich der Ticketkauf im Gegensatz zu unseren vorrigen Versuchen per App, denn dort wurde unsere Kreditkarte nicht akzeptiert. Auch ein Zahlen am Geldautomaten scheiterte für uns. Am Bahnhof war es aber wirklich einfach und unkompliziert, wenngleich man auch 3 Stellen anzulaufen hatte. Am ersten Schalter füllten wir ein Formular mit unseren Daten aus und die Mitarbeiterin der Bahngesellschaft suchte uns den passenden Zug zu den passenden Konditionen. An einem weiteren Schalter erfolgte die Bezahlung und somit die Reservierung der Sitzplätze. Am dritten Schalter checkten wir dann schon mal ein. Dies hatte alles etwas Ähnlichkeit mit dem Ablauf am Flughafen, so stand auf unserem Ticket auch Boarding Pass drauf. Wir waren schon gespannt, wie unsere erste indonesische Zugfahrt in zwei Tagen werden würde.
Anschließend gingen wir die Straße an unserem Homestay entlang und aßen lecker im Luwak Café. Dort chillten wir noch etwas und lasen noch etwas über Java. Es war sehr gemütlich hier. Einige Locals waren hier, die ihre Vögel in Käfigen dabei hatten. Ob es sich um einen Vogelverein, einen Wettbewerb oder Ähnliches handelte, wissen wir aber nicht und konnten wir aufgrund der geringen Englischkenntnisse der Mitarbeiter hier auch nicht herausfinden.20180930_1412065923101317201324825.jpg
Wir waren noch nicht allzu lange in Java unterwegs, doch ein großer Unterschied zu Bali war hier allgegenwärtig: der Ruf des Muezzin. Wo Bali zu mehr als 90 % von Hindus bewohnt wird, sind in Java mehr als 90 % der Einwohner muslimischen Glaubens. So ist der regelmäßige Ruf des Muezzins allgegenwärtig.
Zurück im Homestay mieteten wir den Roller und zwei Gasmasken für die Nacht zum Ijen. Da in Banyuwangi nicht so viel zu erleben war und unser Homestay auch nicht mitten in der City lag, vertrieben wir uns die Zeit noch etwas mit Netflix, bis der Hunger dann wieder rief.
Wir entschieden uns für das Palm Sugar Cafe. Ein weiteres recht naheliegendes Restaurant. Es gab eben auch nicht viele Alternativen. Die Wartezeit auf das Essen überbrückten wir dort mit der Besichtigung einer Kunstausstellung, die sich in den Nebenräumen des Restaurants befand. Eine Mitarbeiterin erklärte uns Einiges über die Gemälde und Kunstwerke.

Ihr Vater habe diese Bilder gemalt und würde morgen eine Vernissage einiger seiner Kunstwerke sowie einiger andere Künstler präsentieren. Wir wurden herzlichst zu dieser Eröffnungsfeier eingeladen. Mal schauen, ob wir nach der Ijen Besteigung noch imstande sind dort vorbeizuschauen.
Nun war unser Essen fertig und eine kleine Krise folgte. Im Essen waren kleine Minifische verarbeitet, die Mona ihren Appetit stahlen. Mona und die winzigen Fische sahen sich Auge in Auge und wussten, sie würden keinen gemeinsamen Nenner finden. Besser gesagt, Mona wusste dies, die Fische wussten nichts mehr. Auf der Speisekarte hatten keine Infos über Meerestiere gestanden. Somit wurde ein Teil des Tellers erstmal auf Pumbas Teller umgeladen. Dieser Anblick kombiniert mit einer unglaublichen Schärfe des restlichen Gerichts, machte Mona das Abendessen zu einem unschönen Erlebnis. Die Schweißperlen setzten sich auf ihrer Stirn ab und der Mund und die Lippen brannten. Selbst einfacher Tomatenketchup wurde nur noch als scharf wahrgenommen, die Geschmacksnerven und der Kreislauf liefen heiß. Die Hälfte des Essens musste so leider auf dem Teller liegen bleiben. Die Stimmung bei Mona war im Keller. Essen ist bei ihr immer ein recht wichtiger Punkt, der sich direkt auf ihre Stimmung auswirken kann. Pumba war etwas überfordert, spätestens zu dem Zeitpunkt, als der süße Ketchup weitere Schärfeattacken herbeigeführt haben sollte. Aber er rettete die Situation – trotz langem hin und her – mit einer Portion Eiscreme zum Nachtisch, wodurch Mona ihren Mund noch mal spüren konnte. So langsam verbesserte sich die Stimmung wieder und wir konnten zurück zum Homestay. Denn dort warteten noch ganze 3 Stunden Schlaf auf uns.
Ijen per Roller, wir kommen!

Tag 20: Ijen – unser zweiter Vulkan

So früh wie heute hat noch keiner unserer Tage gestartet. Um 0:05 ging unser Wecker. Wir wollten schließlich nicht nur nachts einen Vulkan von außen erklimmen, sondern auch noch im Dunkeln in den Krater hinabsteigen und wieder aus diesem hinaufsteigen, bevor die ersten Tageslichter das Panorama ausfüllen. Da die Uhr hier ja, wie beschrieben, anders läuft, war schon gegen 5:10 Uhr mit dem Sonnenaufgang zu rechnen. Schlafen war also nicht. Um 0:30 fuhren wir also in einem kleinen Konvoi unseres Homestays los. Zusammen mit einem weiteren deutschen (Mark und Sabrina) und einem französischen Paar (Mathieu und Flori) fuhren wir also mit drei Rollern zum Ijen. Mona war etwas besorgt, da wir erst jetzt unseren Roller bekamen und ihn vorher nicht auf seine Tauglichkeit testen konnten, doch alles schien in Ordnung, die knapp einstündige Anfahrt zum Ausgangspunkt der Vulkanbesteigung mit diesem zu versuchen. Die Strecke war leicht und die Straßen in einem guten Zustand. Zwischendurch waren wir etwas überrascht, hatte es auf einer kurzen Passage doch tatsächlich Regen gegeben und auch wir fuhren kurz durch einen leichten Nieselregen. Als die letzte Kreuzung vor der Bergstraße zum Ijen dann erreicht war, wurden wir von einigen Männern von der Straße herausgewunken. Diese verdeutlichten uns, dass wir 5.000 IDR [0,30 €] zu zahlen hätten, als Eintritt in den Nationalpark. Wir waren verwundert, sollte der „Eintritt“ doch nach unseren Informationen 100.000 IDR [6 €] betragen und erst zwischen Parkplatz und Einstieg gezahlt werden. Die Männer konnten kein Englisch und riefen einen jüngeren Kerl hinzu, der uns erklärte, dass der spätere Eintritt nur für den Berg an sich zähle, dieser hier für den Aufenthalt im Nationalpark an sich. Auf Pumbas Nachfrage, warum denn die vorbeifahrenden Minivans nicht angehalten wurden, verdeutlichte man, dass diese bereits vorher diese Zahlung tätigen würden. Wir glaubten diesem Spiel nicht wirklich und wollten offzielle Papiere dafür sehen. Nach kurzem Zögern war uns dann auch endgültig klar, dass es sich um eine Abzocke handelte. Wir lehnten jegliche Zahlung ab, machten uns unseren Weg frei und fuhren einfach an den Männern vorbei und weiter. Zwischendurch waren wir aufgrund des vermeintlich kleinen Betrages kurz davor, diesen zu zahlen, doch uns ging es hier eher ums Prinzip, weshalb wir uns schließlich auf die Diskussion eingelassen hatten. Trotzdem wüssten wir schon gerne, wie oft die Kerle mit dieser Masche jede Nacht Erfolg haben. Für uns ging es nach dieser „Station“ also in die 14km lange Bergstraße zum Parkplatz hinein. Der Roller, der bis hierhin einwandfrei funktionierte, kam hier jedoch schnell an seine Grenzen. Einige Passagen konnten wir aufgrund der Steilheit und der Kraft unseres Gefährts maximal in Schneckentempo hochfahren – wir waren fast so langsam, dass der Roller beinahe rückwärts fuhr. Bei anderen Streckenabschnitten nutzte Pumba die ganze Breite der Bergstraße, um in Schlangenlinien wie ein ermüdeter Radfahrer seinen Weg nach oben zu finden. Doch bei zwei Steilstücken nützte alles nichts, Mona musste absteigen. Sie musste jeweils ca. 50 Meter zu Fuß gehen, bis es wieder flacher wurde. Aus Trotzigkeit wollte sie nach dem zweiten Mal schon nicht mehr aufsteigen und den ganzen Rest zu Fuß gehen, bis sie einsah, dass laut Google Maps noch 6km zurückzulegen waren und sie den Sonnenaufgang sonst nicht am Berg genießen hätte können. Einige Kurven weiter warteten unsere Konvoipartner schließlich schon leicht besorgt auf uns. Ihre Roller waren etwas stärker, weshalb sie unser Problem nicht kannten.
Gemeinsam schafften wir das letzte Stück hinauf, parkten, zahlten den Eintritt und marschierten gegen 1:45 so richtig los. Schnell zeichnete sich hierbei ab, dass wir alle verschiedene Tempi bevorzugten und wir splitteten uns auf. So marschierten wir beide in unserem Tempo vorweg, vorbei an zahlreichen Locals, die mit einer Art Schubkarre „Taxi Taxi“ riefen und Besucher gegen Geld ein Stück weit nach oben zogen/schoben. Sie standen nahezu auf der gesamten Länge des Anstiegs verteilt und warteten auf ermüdete oder schlicht faule Touris, die ihnen Lohn und Brot sichern würden. Wir sahen hier und da tatsächlich einige, die zu viert oder fünft dann jeweils einen Touri nach oben beförderten. Beschwerliche Arbeit, sind die Steilstücke doch selbst alleine teilweise schwierig zu gehen. Insgesamt war der Anstieg jedoch als recht machbar einzuordnen und wir hatten noch Zeit für ein paar Fotos der nächtlichen Umgebung. Nach einiger Zeit des Aufsteigens fiel Pumba plötzlich die Leere seiner rechten Hosentasche auf. Schnell war ihm klar, welchen Fauxpas er geschossen hatte. Er hatte den Schlüssel des Rollers im Schloss des Helmfachs stecken gelassen. Der Roller stand nun aber schon den einen oder anderen Kilometer entfernt und er konnte und wollte auch nicht einfach zurücklaufen. Aber wer sollte schon ohne Gefährt hierher kommen auf der Suche nach einem neuen Roller. Abwarten und hoffen war also die Devise. No risk no fun. Mona hingegen, der Pumba erst nichts davon erzählen wollte, fand dies natürlich weniger gut, sagte aber auch, dass es wenig Sinn machen würde, zurückzulaufen.psx_20181001_2228323465943520588128688.jpg
Am Kraterrand angekommen nutzten wir unseren Zeitvorsprung noch für weitere Aufnahmen des Nachthimmels, bei der es leider zu einem Unfall kam. Die Kamera, deren Stativ auf nicht sonderlich festem Untergrund stand, stürzte zur Seite und drohte ein Stück weit herunterzufallen. Pumba fing sie zwar erst mit einem Fuß auf, konnte den weiteren Sturz so stoppen, verlor in der Schräge dann jedoch selbst das Gleichgewicht und stürzte unglücklicherweise auf die Kamera, bevor er sich und diese wieder fangen konnte. Das Gute vorweg: Die Kamera schien noch zu funktionieren (Pumba auch). Das Schlechte: Die Kamera war genauso versaut wie Monas Stimmung. Sie fürchtete nämlich, dass in dieser von Staub und Asche gekennzeichneten Umgebung Kleinstteile in das Gehäuse eingedrungen wären und Probleme bezüglich Fokus und anderen Dingen entstehen würden.
Nach diesem Fauxpas packten wir das Equipment ein und trafen Mark und Sabrina wieder, sodass wir anfangs mit ihnen zusammen in den Krater abstiegen. Wir redeten kurz darüber, dass es jetzt schon ratsam wäre, die Gasmasken vorzubereiten, um sie direkt aufsetzen zu können, sollte ein Windstoß die giftige Schwefelwolke vom Grund des Kraters zu uns treiben. So bereiteten wir die mit dem Roller zusammen geliehenen Masken vor und begannen mit dem Abstieg. Pumba ärgerte sich schnell über die Bremsen im Abstieg. Ihm war zwar bewusst, dass der Abstieg in den Krater und seine felsige Mondlandschaft äußerst gefährlich war und hierbei auch schon zahlreiche Leute ums Leben kamen, doch verstand er nicht gut, dass auch auf einfacheren Wegpassagen oder auf schlichten naturgegebenen Steinstufen scheinbar kein normales „Ein Fuß vor den anderen setzen“ bei den Leuten vor uns mehr möglich war. Sich im Vorfeld zu informieren hilft sicherlich viel. Ansonsten hilft es sicherlich auch, an manchen Stellen ein paar Leute vorzulassen, wenn man es lieber ruhig angeht, aber nicht auf etlichen Metern den Weg zu blockieren, ohne den Blick auch mal nach hinten zu wenden. Hier und da konnte man dann aber durch eigene Abkürzungen eine „Bremsgruppe“ überholen und den Abstieg fortsetzen.


Mit zunehmendem Abstieg erhöhte sich die Anzahl der passierenden Minenarbeiter des Ijen. Am Ijen ist nämlich noch eine Schwefelmine in Betrieb, in der seit nunmehr einem halben Jahrhundert täglich ca. 8 Tonnen Schwefel abgebaut werden. Die Arbeitsbedingungen hierbei sind jedoch aufgrund der giftigen Schwefelgase gefährlich. Die Minenarbeiter kippen nicht selten aufgrund der Gase bewusstlos um oder sterben gar bei einem Gasaustritt oder Sturz in der felsigen Kraterlandschaft. Langfristig müssen sie aufgrund der toxischen Gase, die starke Schäden an den Lungen und Atemwegen auslösen, mit einer um einige Jahre oder gar Jahrzehnte kürzeren Lebenserwartungen als die der indonesischen Normalbevölkerung rechnen. Alles nur, weil diese Männer auf der einen Seite in der Region schwierig Arbeit finden und diese gefährliche Arbeit vergleichsweise gut bezahlt wird. Auf der anderen Seite nutzen Konzerne diese Männer aber auch als billige Arbeitskräfte mit ihrem Leben aus, anstatt einfach den Schwefel, der in der Industrie oftmals als Abfallprodukt anfällt, billig aufzukaufen.
Wir hatten vorher schon Etwas über das Leben und Arbeiten der Minenarbeiter gelesen, doch das jetzt selbst zu sehen und sich in der menschenfeindlichen Umgebung aufzuhalten, machte das Beschriebene noch intensiver.
Am Grunde des Kraters und in der Nähe des ätzenden Sees angelangt, konnten wir schließlich das berühmte blaue Feuer des Ijen erkennen, dass beim Weiterleiten der Schwefelgase durch Keramikrohre entsteht. Leider war die Flamme an diesem Tag nur ein einzelnen kleines Flämmchen und nicht wirklich der Rede wert. Da ist selbst das bunte Lagerfeuer in Kronenburg am See größer und schöner anzusehen. Schade drum. Aber daher gibt es auch jetzt kein Foto von der blauen Flamme. Das müsst ihr googlen. Während wir aber dort standen und uns leicht enttäuscht über das Feuer unterhielten, gab es plötzlich einen vermehrten Gasaustritt, der mit der Änderung der Windrichtung einherging. So hüllte uns innerhalb weniger Sekunden die Schwefelwolke vollständig ein und strömte für ca. 20-30 Sekunden um uns herum. Uns blieb zwischen den Rufen „No panic, no panic!“ verschiedener Minenarbeiter oder Guides von Touristengruppen (genau können wir das nicht sagen) und verängstigten Tönen der Menschen um uns herum nichts anderes übrig, als die Augen zu verschließen und bestmöglich abzudecken, die Gasmaske auf das Gesicht zu drücken und möglichst die Luft anzuhalten, bis der Wind wieder abdrehte. Als dies dann endlich nach einigen Sekunden geschah, blieben wir mit brennenden Augen, Hustenreiz und dem Geruch von trölftausend fauligen Eiern in der Nase zurück. Mona kam die ersten Minuten leider gar nicht mehr hinter ihren Hustenreiz, sodass Pumba sich schon ernsthaft sorgte. psx_20181001_2230471595163618401833248.jpgNach einigen Minuten ging es jedoch wieder besser, genauso wie das Brennen in den Augen nachließ. Der Geruch nach fauligen Eiern begleitete uns aber noch eine Weile in der Nase, denn dieser war auch außerhalb der Schwefelwolke stets dezent vorhanden. Diese kurze Erfahrung verdeutlichte uns ein weiteres Mal die gefährliche Arbeit der Minenarbeiter bei ihrem Job, der als einer der körperlich beschwerlichsten und sogleich einer der gefährlichsten Jobs auf der Welt bezeichnet wird. Sie trugen fast nie Gasmasken, sondern nur ein feuchtes Tuch im Gesicht, während sie unmittelbar und teilweise inmitten der Schwefelwolken ihrer Arbeit nachgingen, bis sie sich schließlich ihre Körbe mit 70-90 kg Schwefelgestein vollgeladen hatten, diese Last schulterten, auf den Kraterrand hinauftrugen und schließlich in das Tal zur Wiegestation hinabbrachten. Dies taten sie in der Regel 2x pro Tag/ Nacht.


Wir verweilten noch eine kurze Weile am Grund des Kraters, hielten uns jedoch weiter von der Schwefelwolke entfernt auf, da das dortige blaue Feuer das Risiko nicht wert war. Beim Aufsteigen aus dem Krater heraus, konnten wir immerhin recht einfach verschiedene Gruppen überholen, wenn es breitere Stellen gab oder wir suchten uns unsere eigenen Kletterstufen neben den eigentlichen „Pfaden“.

So erreichten wir zügig den Kraterrand und verließen die Mondlandschaft der letzten Stunden. Auf der sandigen Fläche des Kraterrandes suchten wir uns ein schönes Plätzchen, an dem sich das erste Licht des Tages mit einem tollen Panoramablick kombinieren ließ.

Zu Beginn war die Sicht hervorragend, doch leider zog die Schwefelwolke durch den ganzen Krater und vernebelte die Sicht noch bevor die Sonne in den Krater und über den See scheinen konnte. Dies machte es uns unmöglich, weitere tolle Aufnahmen des türkisblauen Wassers im Sonnenlicht zu machen, sodass wir letztlich der Kälte nachgaben und wieder Richtung Tal aufbrachen.

Gerne hätten wir noch weiter ausgeharrt, um der Wolke eine Chance zu geben, wieder zu verschwinden, doch dafür gab es keine Garantie. Natur pur eben.

Dann kommen wir einfach irgendwann mal wieder zurück und hoffen auf ein glücklicheres Spiel der Natur. Außerdem gab es unten im Tal ja noch einen Roller mitsamt Schlüssel abzuholen.
Nachdem Mona sich zwischen den Sandrinnen am Kraterrand kurz verlaufen hatte und wieder den Rückwärtsgang einlegen musste, 20181001_051633.jpgum die passende Route zu finden, begann dann unser Abstieg. Dieser trieb uns zügig wieder etwas Wärme in die Glieder, war er doch nicht minder beschwerlich als der Aufstieg. Die Steilstücke trieben ganz schöne Lasten in die Kniegelenke und Mona verging jeglicher Spaß am Abenteuer. Sie wollte einfach im Tal sein, eine wohl verdiente Smoothie-Bowl genießen und das Bett in der Unterkunft nicht nur bezahlt wissen, sondern auch tatsächlich nutzen. Pumba hoffte nur, dass der Roller noch im Tal stehen würde, auch wenn er dies stets in seinen Späßen verpackte, was passieren würde, wenn er weg wäre. Grundsätzlich dachte er nicht, dass jemand ihn klauen würde, doch vermutete er, dass er vielleicht ein dickes „Lösegeld“ für den Schlüssel zahlen müsste, damit der Finder ihn zurückgab. Auf dem Parkplatz angekommen, erkannten wir aus etwas Entfernung schon mal den Roller, das war ein gutes erstes Zeichen. Das zweite Zeichen blieb jedoch aus, steckte der Schlüssel doch nicht mehr im Helmfach.20181001_062935_1-15425227911316196999.jpg Die Szenarien begannen durch den Kopf zu rasen, als schon ein Mann von einem in der Nähe stehenden Auto fragte, ob dies unser Roller wäre. Wir bejahten dies und erklärten die Situation, woraufhin der Mann uns tatsächlich unseren Schlüssel vor die Nase hielt, den er erst einige Minuten zuvor am Helmfach stecken gesehen hatte. Ein Glück. Er forderte auch keinen Finderlohn oder das befürchtete „Lösegeld“, sodass wir mal wieder Glück im Unglück hatten. Wir bedankten uns mehrfach und ausgedehnt, bis uns schließlich Mark und Sabrina vom nächsten Getränkestand aus zu sich riefen. Mit ihnen unterhielten wir uns noch kurz über das Erlebte, bevor wir zu viert die Heimfahrt auf uns nahmen (das französische Paar war noch auf dem Berg, weshalb sich unsere Reisegruppe verkleinert hatte). Auch hier liefen die Bremsen des Rollers bei den steilen Abfahrten so heiß, dass eine zwischendurch den Geist aufgab und wir lieber eine kurze Pause einschoben. Letztlich kamen wir aber gut in unserer Unterkunft an, quatschten noch kurz mit zwei anderen Besuchern aus der Schweiz und Deutschland über deren gebuchte Tour zum Ijen und die weitere Reiseplanung ihrer unabhängig voneinander einjährigen Reise. Hier bestätigte sich unsere Aktion, einfach mit dem Roller zum Ijen gefahren zu sein als die richtige Wahl, da die Tour der beiden 45 Minuten später startete als vereinbart. Auch wenn ihr Fahrer danach zum Berg preschte, um möglichst viel Zeit wieder einzuholen, hatten sie stets Stress und konnten nicht wie wir immer wieder Zeit zum Genießen nutzen. Nun rief uns die lang ersehnte und noch länger notwendige Dusche aber endlich zu sich.
Nach der Dusche war es endlich auch spät genug am Tag (09:00 Uhr), dass das Café mit den guten Smoothie-Bowls endlich geöffnet hatte. So fuhren wir dorthin und genossen unser Frühstück nach getaner Arbeit. 20181001_1037346001717751703970462.jpgJetzt galt es noch das eine oder andere Stündchen Schlaf nachzuholen, doch das war gar nicht so leicht, ließ uns ein freundlicher Herr doch nicht mehr mit dem Roller durch seine Schranke und zu unserem Homestay fahren. Unser Homestay befand sich nämlich im Bereich eines kleinen Bahnhofs, der mit Schranken abgesperrt war und nur durch eine Parkgebühr von 2.000 IDR [0,12 €] zu passieren war. Unsere Erklärungen nicht am Bahnhof parken zu wollen und den Roller nur seinem Besitzer zurückgeben zu wollen – zwar in seine eigene Garage – wurden nicht beachtet. So marschierte Mona zu Fuß zum Homestay, während Pumba weiter freundlich zu diskutieren versuchte. Als Mona dann mit dem „Homestay-Großvater“ zurückkam, wies uns der Schrankenwart an, doch einfach durch die Ausfahrt des Bahnhofvorplatzes durchzufahren, das wäre ok. Gesagt, getan. Hätte er halt auch einfach früher sagen können – aber dieses Geld, selbst ein solcher Kleinstbetrag, führt immer wieder zu ungeahnten Tricks und Maschen. Die „Homestay-Großmutter“, die kein Englisch sprechen konnte, lachte herzlich, hatte sie das Schauspiel doch aus der Entfernung gesehen und verdeutlichte uns per Gestik und Mimik, wie wenig sie von dem Schrankenwart hielt.
Unser Versuch Schlaf nachzuholen, wurde nach einer Stunde jäh und mit großem Schrecken unterbrochen. Die kleine Putzfrau des Hauses platzte mit großem Poltern in unser Zimmer, sodass sich innerhalb weniger Millisekunden drei Menschen bis aufs Äußerste erschreckten und keiner der drei wusste, bei wem der Schreck am größten war. Danach konnten wir aber doch noch etwas weiter schlafen, die Putzfrau würde sich später noch mehrmals am Tag entschuldigt haben und wir verbrachten den Nachmittag planend im Aufenthaltsbereich des Homestays.20181002_0855077932111561295923331.jpg Hier gab es nicht nur weitere Bananen, Kekse und Teetassen umsonst, sondern auch immer wieder das herzliche Lachen der Großmutter, die aktuell unsere Ansprechpartnerin war, wenn wir Fragen hatten, da sonst niemand da war (auch wenn sie wie gesagt kein Wort Englisch sprechen konnte). Wir wissen nicht, ob sie einfach nur freundlich war oder ob sie sich um uns sorgte, dass wir zu wenig essen würden, doch plötzlich brachte sie uns einen Teller voll gebackener Bananen, den wir gerne annahmen. Sie lachte, wie sie es ständig tat, wenn sie uns sah. Wir hoffen, dass es sich um Freude handelte und nicht um ein ständiges Auslachen.
Am Abend, als wir essen fahren wollten, kehrten wir erst noch auf der Eröffnung der Kunstgallerie des Cafés vom gestrigen Abend und der heutigen Smoothie-Bowl ein, auf welche wir nun schon mehrfach von der Betreiberfamilie eingeladen worden waren. Hier wurden wir direkt von allen Gästen herzlich empfangen und die Tochter des Hauses, die uns natürlich gleich wieder erkannte, führte uns umgehend zum kostenlosen Stand mit traditionellen Snacks, Kaffee und Tee, woraufhin wir uns unsere Teller vollladen sollten.

Vollgepackt mit kostenlosen Snacks, sollten wir uns doch die traditionellen Gesangs- und Tanzdarbietungen ansehen, die vor der eigentlichen Eröffnung der Gallerie im Rahmenprogramm vorgesehen waren. Hier lotsten uns die Locals direkt an einen der vorderen Plätze, quasi in die erste Reihe hinter dem Gastgeber, obwohl wir uns eigentlich lieber im Hintergrund aufgehalten hätten. Als der Gastgeber uns bemerkte, schüttelte er freundlich unsere Hände und bedankte sich bei uns, als wären wir Ehrengäste. Sollten nicht wir uns bedanken müssen für die Einladung, die Freundlichkeit, die kostenlosen Snacks und Getränke? Wir konnten feststellen, dass Java sich durch eine unglaubliche Freundlichkeit und Herzlichkeit auszeichnet. Es war eine sehr angenehme Erfahrung hier zu sein, doch an unserem Hunger konnten auch die kostenlosen Snacks nichts ändern, da diese alle äußerst süß waren und eher als Dessert zu verstehen waren, unsere Mägen aber nach etwas Herzhafterem verlangten. So blieben wir noch eine Weile, um ein gutes Gleichgewicht zwischen einer höflichen und angemessenen Verweildauer auf dem Fest und Monas aufkommender „Hungertrotzigkeit“ herzustellen, bevor wir in ein anderes Lokal fuhren, um schließlich auch etwas Großes zu essen, einer Pizza.

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Zurück in der Unterkunft bloggten wir ein wenig und sammelten unsere Bilder zusammen. Belustigt wurden wir dabei von einem Familienmitglied der Host-Familie, ob beabsichtigt oder nicht. Er lag in unserer Nähe auf einer Matratze, die er sich einfach in den Hausflur gelegt hatte und lachte einfach ständig vor sich hin. Nicht ein leises vor sich hin lachen, sondern ein lautes Kickeln. Erst dachten wir, er würde etwas Lustiges auf einem Handy anschauen, bis uns auffiel, dass er gar nichts bei sich auf der Matratze hatte. Egal, was es war, dass ihm diesen Lachkrampf, bescherte, der über eine Stunde andauerte, er sollte Acht geben. Mit Drogen (außer natürlich Alkohol und Tabak) ist in Indonesien nicht zu spaßen und Besitz und Handel kann sogar mit der Todesstrafe bestraft werden.20181001_2210404934556920607017312.jpg
Irgendwann wurde es aber dann auch schon wieder Zeit für ein Bett, unsere Gehirne brauchten wohl noch etwas Schlaf, um die Eindrücke des Ijen zu verarbeiteten, bevor unsere Reise nach Probolinggo weitergehen sollte, von wo aus der nächste Vulkan schon geplant war.
Bleibt also dran, denn aller guten Vulkane sind 3.

Bis dahin

M & P


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