Tag 227: Mount Maunganui
Am Morgen hatten wir noch ein gutes Gespräch mit John, einem „Almöi“, der mit Frau und Sohn im Campervan seit Monaten Neuseeland erkundet. Er gab uns noch ein paar gute Tipps für Auckland mit auf den Weg, bevor wir in Richtung Tauranga und Mount Maunganui aufbrachen. Am dortigen Wetter konnte man sich gar nicht satterleben. Mount Maunganui war wunderschön an einem langen Sandstrand gelegen. Den Samstag und den Sonnenschein nutzten scheinbar zahlreiche Menschen, um die letzten Reste des sommerlichen Herbstes zu genießen, bevor es zu spät war. Der Strand war schon am Vormittag mit Badegästen und Sonnenanbetern gesäumt. Wir fanden glücklicherweise noch eine Parklücke für Inge und spazierten ein Stück weit am Strand entlang.
Um den Strand ging es uns dabei eigentlich gar nicht. Unser Ziel war der namensgebende Hügel direkt am Meer, der Mount Maunganui. Diesen bestiegen wir zügig, wenngleich das auch so manche Schweißperle im Sonnenlicht kostete. Von oben hatte man eine tolle Aussicht über das Meer, Mount Maunganui Stadt und den Hafen sowie das benachbarte Tauranga.
Wir sahen uns an der Aussicht satt. Sahen Paraglider, Boote aller Art und viele andere Menschen, die sich schwitzend zur Gipfelgruppe hinzugesellten. Auch den Abstieg hatten wir schnell hinter uns gebracht. Das Eis am Strand hatten wir uns somit redlich verdient.
Mit dem Eis setzten wir uns auf eine Bank am Strand. Wir überlegten kurz, uns auch noch an den Strand zu legen und uns in den Pazifik zu stürzen, doch erst musste noch ein wenig Organisation gemacht werden.
So verging die Zeit damit, eine neue Facebook Anzeige in sämtlichen Gruppen für Inge zu generieren und mit dem ein oder anderen Interessierten über mögliche Besichtigungstermine zu reden. Wir suchten auch noch nach Interessierten, die von sich aus ein Gesuch eingestellt hatten, was ebenso zeitaufwändig war. So kamen wir leider nicht mehr dazu, den schönen Tag am Meer zu nutzen. Stattdessen fuhren wir ins Zentrum von Tauranga, um Wäsche zu waschen. Die erhoffte Dusche musste dann aber ausfallen, da die Schwimmbäder schon um 18 Uhr am Samstag schlossen, was uns nicht so bewusst war. Dann würden wir am nächsten Tag eben ungeduscht in Hobbiton „Hallo“ sagen müssen.
Als wir Tauranga verließen, war es schließlich schon dunkel. Wir fuhren noch ca. 45 Minuten, bis wir in der Nähe von Hobbiton einen guten Campground fanden. Wir freuten uns einfach auf den nächsten Tag.
Tag 228: Vor der Tür von Samweis dem Beherzten
Am Morgen trafen wir Lukas auf der Campsite, als er uns nach Wasser für seinen Kaffee fragte. Schnell kamen wir ins Gespräch – mit dem Ergebnis, dass Lukas sich mit in unsere Tour für Hobbiton am Vormittag einbuchte. Lustigerweise kam er zur Tour im einteiligen Stormtrooperjumpsuit, da seine Klamotten nass waren.
Allie, unser Guide für den Tag, fiel dies direkt auf. Sie fand es witzig, dass jemand im Star Wars Outfit ein Herr der Ringe Filmset besucht, meinte aber, dass es sogar mal eine Hochzeit in Hobbiton gegeben hatte, wo alle Gäste im Star Wars Style gekleidet waren. So konnten sie gleichzeitig beiden Sagas ihr Fandasein widmen.
Das Wetter war heute nicht so toll und auch als wir am Carpark angekommen waren, war die Motivation noch nicht die allergrößte. Dies änderte sich aber umgehend, als wir in den Bus stiegen.
Als dieser losfuhr, startete die Musik und mit ihr stieg der Bock-Pegel auf über 100. Gänsehaut stellte sich ein, als zur Musik ein kurzes Intro auf dem Bildschirm im Bus eingespielt wurde. Jetzt waren wir im Herr der Ringe Modus mit höchster Motivation.
Allie erklärte uns überraschend zu Beginn der Tour, dass ca. 40% der Gäste weder Filme noch Bücher kennen würden. Auch in unserer Tourgruppe schienen mindestens die Hälfte der Leute mit der Thematik nicht vertraut zu sein. Dies liegt wohl daran, dass viele von Freunden mitgeschleppt werden oder weil Hobbiton in vielen Pauschaltouren nicht fehlen darf. Für uns war es hingegen eine lange gewollte und bewusste Entscheidung, auch wenn die Tour mit 84 NZ$ [50,84 €] pro Person das teuerste war, was wir uns in Neuseeland gönnten.
Als wir den Bus verließen, kam gerade Gandalfs Aussage über den Bildschirm geflogen, dass Zauberer nie zu früh oder zu spät kommen würden. Sie kämen immer passend – wie die Busfahrer am Filmset.
Bei den ersten Schritten durch den Eingang von Hobbiton wies Allie noch einmal für fachfremde Leute darauf hin, dass es sich hier um ein Filmset handeln würde. Tatsächlich hätten wohl schon viele Touristen in den letzten Jahren gedacht, es handele sich hierbei um ein traditionelles Maori Dorf. Unglaublich. Noch unglaublicher war wohl, dass wiederum andere Touristen dachten, Hobbits wären echt. So blieben sie verwundert zurück, weil die Hobbithöhlen alle unbewohnt waren.
Aber auch in Bezug auf den Film hatte Allie einige interessante Informationen für uns parat. So zum Beispiel, dass Frodo und Gandalf bei der Szene auf dem Karren zu Beginn der Gefährten 3 Meter versetzt zueinander gesessen hatten, damit durch die Perspektive der Größenunterschied zwischen Zauberer und Hobbit erreicht werden konnte.
Mona musste Pumba schon jetzt bremsen, der pausenlos Szenen aus Lord of the Weed rezitierte und nachbrabbelte. Die vielen Hobbithöhlen waren von außen sehr detailreich dekoriert. Es gab sogar hier den klassischen Dorfalkoholiker, der etliche leere Flaschen vor seiner Höhle herumfliegen hatte. Zu betreten war jedoch nur eine einzige Hobbithöhle und selbst in der war Nichts drin.
Beutelsend, das Zuhause von Frodo und Bilbo konnte nicht betreten werden. In den Hügel wurde nur eine ca. 2 Meter tiefe Einkerbung gegraben, damit Kamera und Kameramann Platz hatten, um Szenen von hier nach draußen zu filmen. Die Innenaufnahmen wurden hingegen alle in einem Studio gedreht. Was hier jedoch tatsächlich gedreht wurde, war die bekannte Pfeifenszene zwischen Gandalf und Bilbo, die sich gegenseitig im Blasen von Rauchfiguren übertreffen. Bei der Szene, die im Sonnenuntergang vor Beutelsend spielt, musste jedoch aufgrund der Himmelsrichtung getrickst werden. Beutelsend zeigt nicht in Richtung Westen, sondern nach Osten. So wurde die Szene tatsächlich zum Sonnenaufgang gedreht und im Film demnach retour laufen gelassen.
Peter Jackson, Regisseur der Herr der Ringe und Hobbit Teile, ist für seine Detailversessenheit bekannt. So wurde zum Beispiel das Blätterwerk des Baumes auf Beutelsend (des einzigen unechten Baumes in Hobbiton) per Hand angemalt und festgebunden. 200.000 Blätter, die per Hand passend angebracht wurden. Nur 10 Tage vor Drehbeginn fiel Peter Jackson dann auf, dass das Grün der Blätter ihm nicht zusagte, da es zu herbstlich wirke, es aber Frühling darstellen sollte.
So wurde in kürzester Zeit alles noch einmal per Hand umgesprayt. Als hätte die Computerbranche keine Chance gehabt, die Farbe später abzuändern. Außerdem wollte Jackson für die Hobbit-Trilogie extra 5 neue Hobbit Höhlen, die in besagtem Detailreichtum gebaut wurden, nur um ganze 3 Sekunden (5 in der extended Edition) im Film aufzutauchen. Alles für die Fans.
Beutelsend war zwar der Top Spot der Touren, wo die Leute die meiste Zeit stehen blieben, um Fotos zu schießen, doch Pumba gefiel das Haus in der Bagshot Row mit der Hausnummer 3 noch besser. Dieses gehörte nämlich Samweis Gamdschie und seiner Frau.
Im Gasthaus zum grünen Drachen gab es schließlich zum Ende der Tour ein Bier und einen Cider für uns. Um halb 12 mittags. Aber wie meinte Allie: „Irgendwo auf der Welt ist es immer 5 Uhr nachmittags.“
So hatten wir noch etwas Zeit, das Gasthaus und die Umgebung zu erkunden, bevor wir mit dem Bus zurück zum Carpark fuhren. Wir verstanden nun auch, warum der Zutritt hier nur per Tour möglich war. Alle 10 Minuten startete eine geführte Tour mit maximal 41 Touristen, da der Bus 41 Plätze bietet. Wir hatten einen Regentag erwischt und trotzdem eine Tour mit ca. 30 Besuchern, genau wie die Touren vor und nach uns.
Das Filmset würde einfach überlaufen, wenn jeder hier so lange bleiben würde, wie er wollte, selbst wenn auch wir zu denen gehörten, die länger als die nun 90 Minuten hier bleiben wollten und alles noch genauer sehen wollten. Aber wir mussten zurück.
Nach dem Besuch in Hobbiton tranken wir noch eine Latte im Café über dem Souvenirshop. Wer hatte eigentlich Gandalfs Hut geklaut?
Während dem Kaffee schrieben wir Cameron, mit dem wir uns heute in Morrinsville zu einer Besichtigung für Inge verabredet hatten. Als er in Morrinsville zu uns auf den Parkplatz stieß, war jedoch schnell klar, dass es eine kurze Besichtigung werden würde. Inge war einfach nicht das, was er suchte. Er suchte nach einem Van, der einen Stromanschluss hatte, um an Campingplätzen an das dortige Stromnetz angeschlossen werden zu können. Da wir dies nicht bieten konnten, war das Treffen schnell vorbei.
Etwas geknickt fuhren wir dann weiter in Richtung Hamilton. Irgendetwas musste sich doch noch für Inge ergeben. Die Zeit lief uns zwar noch nicht endgültig davon, das Thema Vanverkauf schlug uns aber schon etwas aufs Gemüt und vor allem auf die Nerven. Wir befürchteten, dass wir die letzten Tage unserer Reise nicht genießen könnten, sondern nur Stress damit hätten, einen guten Preis für Inge in Neuseelands Nachsaison herauszuschlagen. Auf jeden Käufer eines Vans kamen aktuell gefühlt 15 Verkäufer. Wir hofften, dass unsere Ursprungsidee mit Inge in der Nachsaison einen winterfesten Van mit vielen Add-Ons anbieten zu können, bald fruchten würde. Aus diesem Grund war bei unserer Ankunft in Neuseeland schließlich auch die Wahl auf Inge gefallen.
In Hamilton stoppten wir nur noch an einem Schwimmbad, um für 2 NZ$ [1,20 €] pro Person zu duschen und fuhren dann zu einer Dumping Station, bevor wir auf unseren Campground für die Nacht fuhren und Nudeln verputzten.
Tag 229: Die Schlacht um Winterfell
Zuerst stand ein Werkstatttermin für Inge auf dem Programm. Der Riemen der Servolenkung musste ja noch erneuert werden, wofür die Werkstatt beim Service eine Woche zuvor keine Zeit mehr gehabt hatte. Gleichzeitig sollte jetzt nach den Rücklichtern geschaut werden, da diese nicht mehr funktionierten. Wir verbrachten die Zeit, in der Inge behandelt wurde, im benachbarten Burger King, wo es einen Kaffee zum Aufwachen gab. Hier inserierten wir Inge dann auch bei TradeMe, dem Ebay Neuseelands. Dies hatten wir erst nicht getan, da ein Inserat für unseren Listenpreis 70 NZ$ [42€] kostete und wir gehofft hatten, über die Facebook Gruppen einen Käufer zu finden. Nun – 10 Tage vor Abflug – wurden unsere Knie aber weich und wir dachten uns, dass es das beim aufgerufenen Preis von knapp 10.000 NZ$ [6.000 €] wohl definitiv wert sei, alle Chancen zu nutzen, die man hatte. Auf TradeMe würden die Chancen steigen, einen Local für Inge zu begeistern, die vielleicht seltener in Facebookgruppen der Touris unterwegs waren.
Als wir dann wieder bei Inge waren, sagte man uns, dass die Rückfahrlichter noch immer nicht gingen. Das Problem lag nämlich nicht – wie erhofft – an den Glühbirnen, sondern an einem kaputten Schalter. Der war erstens gerade nicht auf Lager und zweitens würde er 250 NZ$ [150€] kosten. Das war uns jetzt zu viel, das sollte dann das Problem vom neuen Eigentümer werden. Wir könnten ja zur Not mit dem Preis entgegenkommen, aber wollten zum jetzigen Zeitpunkt nicht noch einmal in eine Werkstatt. So zahlten wir nur die rund 150 NZ$ [90 €] für den ersetzten Riemen und fuhren in die Hamilton Gardens. Da wir erst in 2 Tagen in Auckland eine Besichtigung hatten, wollten wir jetzt nicht in Eile und mit Stress dorthin fahren.
In den Gärten sahen wir noch einige coole Themengärten, auch wenn das Wetter jetzt gerade nicht so toll war und es ab und an zu regnen begann. Also wieder zurück zu Inge und Facebook Gruppen durchscrollen. Ein spaßiges Element der Reise – not.
Als Pumbas Handy dann die Pushup Benachrichtigung von Neon erreichte, dass Folge 4 der 8. Staffel Game of Thrones nun verfügbar war, war es für uns das Zeichen aufzubrechen. Hier in den Gärten war das Netz zu schwach, um den Stream zu riskieren. Also fuhren wir zurück zum Campground der vorigen Nacht, richteten es uns bequem ein und starteten die Schlacht um Winterfell.
Da die ‚Game of Thrones‘-Folge Überlänge hatte, war es Abend, als sie zu Ende war. Ein Abend, der neben dem Kochen mit der Analyse der Folge und der gesamten Serie gefüllt wurde. Somit nahm der Abend ein neben dem organisatorischen Aspekt noch ein schönes Ende. Es war gerade etwas schwierig einen guten Mittelweg zwischen Mittelweg zwischen Reise und Inges Verkauf zu finden. Und das nagte uns auch ziemlich an den Nerven. Es war eben vor allem die finanzielle Ungewissheit unseres Reisebudgets, die von einem guten Verkauf von Inge abhängig war, die uns etwas Sorgen bereitete. Aber wir blicken optimistisch rein, denn ein paar Tage bleiben uns noch.
Tag 230: Wer kauft uns ein Rubbellos?
Es hatte sich noch immer keine weitere Besichtigung für Inge ergeben. Es gab einige mehr oder wenige feste Interessensbekundungen, doch niemand konnte schon heute ein Auge auf Inge werfen. Wir hatten einen Termin für Mittwoch, einen für Sonntag und 2-3, die sich dazwischen einpendeln würden. So hatten wir wohl keinen freien Tag mehr, der uns außerhalb Aucklands zur Verfügung stehen würde. Schade.
Jetzt frühstückten wir aber erst einmal in der Morgensonne und spielten einige Runden Kniffel. Während dem Kniffelspiel kam ein älterer Herr zu uns, der einen Camperbus hatte, mit dem er einige Meter weiter parkte. Er und seine Frau lebten seit 6 Jahren in dem Bus. Das klang ziemlich cool. Noch cooler klang die Story, wie sie gemeinsam mit einem Freund in einem Rubbellos 250.000 NZ$ [150.000 €] gewonnen hatten. Der Gewinn wurde aufgeteilt und das ohnehin schon lockere Leben, wurde noch einmal lockerer. Er erzählte uns, wie er und seine Frau im Winter hier und da etwas arbeiteten, um den Sommer frei zu sein und herumzureisen. Nur zu Beginn des Sommers würde er auch noch arbeiten – als Santa Claus in einer Mall. So sah er auch aus, da brauchten wir wenig Fantasie, um das zu glauben.
Als er (dessen Namen wir leider nicht einmal kennen) sich verabschiedete, verabschiedeten auch wir uns aus Hamilton. Wir packten den Tisch und die Stühle zusammen und fuhren noch ein Stück näher in Richtung Auckland. Auf der einen Seite taten wir dies, falls sich für den frühen Mittwoch noch eine Besichtigung ergeben würde und wir dann näher an der Stadt wären, auf der anderen Site auch einfach, um etwas zu tun zu haben. Wir hingen etwas in der Luft aufgrund des unsicheren Verkaufsstandes.
Wir stoppten am Nachmittag in einem kleinen Ort, wo man an den Rugbyfeldern übernachten konnte. Hier gab es ein Glässchen Rotwein, während unten auf dem Platz das Training der Rugbyteams lief.
So war unser Weg über die Nordinsel kurz davor, ein Ende zu finden. Am nächsten Tag würden wir nach Auckland aufbrechen und Inge lieber früher als später verkaufen. Die letzte Woche unserer Reise würden wir dann eben in Auckland verbringen. Noch einmal Hostelluft schnuppern, öffentliche Verkehrsmittel nutzen, in schönen Cafés der Stadt die Zeit totschlagen. Hauptsache der Van würde verkauft sein. Bleibt dran, um zu erfahren, wie es mit dem Verkauf von Inge laufen wird und was wir in unserer letzten Reisewoche erleben werden.
Bis dahin
M & P